Trans Gran Canaria – Feb. 2018

Zum Grizzly-Training nach Gran Canaria
Nicht ganz, sondern zur Teilnahme am Trans Gran Canaria 64K Advanced

Mein Schwager wollte schon seit längerer Zeit einen Wettkampf mit mir laufen und
nun bot sich sogar die Gelegenheit auf einen Laufurlaub mit unseren Frauen und meiner Nichte an.

Der Veranstalter bietet Strecken von 17 bis 269 km an, wobei der Hauptlauf sicherlich der 128k ist, der 2016 erfolgreich von meinem Schwager absolviert wurde.
Das war mir dann aber doch zu heftig und der 64k mit 3200 Höhenmetern war der Kompromiss.
Da die Veranstaltung relativ schnell ausgebucht ist, haben wir uns im Oktober angemeldet und die Reise gebucht.
Mit der Anmeldung wurde mir dann schnell klar, dass ich mich nicht auf einen „normalen“ (mal von den 64 Kilometern abgesehen) Lauf eingelassen habe.
Die Pflichtausrüstung brachte es an den Tag:

Ausweis
Plastikbecher
Rettungsdecke
Taschenlampe oder Stirnlampe und Ersatzbatterien
Rote Rückleuchte
Handy mit aufgeladenem Akku
1,5 l Wasser
Nahrung
Startnummer vorne
Atmungsaktive Regenjacke
Mütze, Schal oder ähnlich
Bargeld in Euro

Lampe ? Start ist um 9:00 Uhr !
1,5l Wasser und Nahrung ? Ca. alle 10 km ist ein VP !

Mein Schwager meinte nur, bei einem Trail müsste man mit langsameren Kilometerzeiten rechnen
(vor 20 Jahren war ich stolz, den Rennsteig im 6er Schnitt absolviert zuhaben)
und dass er mir einen Trinkrucksack, in dem ich auch die Pflichtausrüstung verstauen könnte, borgen würde. Im Übrigen könnte ich mir die Stöcker von Schwiegermutter besorgen.
Stöcker, bin ich Walker oder was ?
Zu spät, nun hieß es km schruppen und Steigungen so gut wie möglich bewältigen.
Zum Rathaus Spandau oder zur Regattastrecke in Grünau und zurück.
Friedrichshain, Kreuzberg und Hasenheide rauf und runter.

Am Mittwoch reisten wir gut trainiert an. Donnerstag nach der Messe noch ein lockeres 11 km – Läufchen am Strand mit Micha, Jan und Renate (Jans Freundin).
Die Artikel, die auf der Messe angeboten wurden, waren auch auf Trailläufer zugeschnitten.
Am Sonnabend hieß es dann sehr früh aufstehen, da die Transferbusse, die uns zum Start in Artenara gefahren haben, um 5:45 Uhr losfuhren.
Nach 2h Fahrt wurden wir dann dort abgesetzt und die ersten Läufer des 128ers passierten schon den VP (Respekt !).

Die letzte Stunde vor dem Start bevölkerten die Läufer alle offenen Kneipen im Ort, da es recht frisch draußen war.
Wir reihten uns 5 Minuten vor dem Start hinten im Feld ein. Mein Rucksack wog 3 Kg (hier gibt es sicherlich noch Verbesserungspotential) und ich war glaube ich, der Einzige mit Walkingstöckern, die Anderen hatten alle Hightech Teile, die automatisch aufklappten.
Gleich nach dem Start ging es im Gänsemarsch bergauf (1:11h für 5 km), da der Weg maximal 2 Personen nebeneinander Platz bietet. Renate, die gesundheitlich angeschlagen war, wollte lieber alleine laufen.
Damit hatte ich die besten Betreuer an meiner Seite. In der Ultraszene sind Micha und Jan als „Die Twins“ bekannt, da sie bei diversen Läufen gemeinsam als Sieger über die Ziellinie gelaufen sind, unter anderem haben sie den ersten Mauerweglauf gewonnen.
Den 1. VP in Tejeda erreichten wir nach 11 km in 2h.
Das Angebot an Essen und Trinken überstieg dem, was ich von unserem Lübars – VP beim 100 Meilenlauf kenne. Ich brauchte mich, wie auch bei späteren VP´s, um nichts zu kümmern. War es nötig meine Wasserblase aufzufüllen, war mein Schwager zur Stelle, um sie zu füllen, während ich mich aufs Futtern und Cola trinken konzentrieren konnte. Der Akku meiner Batterie ging dem Ende zu, kein Problem. Während des Laufens befestigte Jan ein Kabel an meiner Uhr am Handgelenk und die andere Seite schloss er an eine Powerbank an, die er in einer der Taschen meines Rucksacks verstaute.
Vor dem nächsten VP galt es noch den Roque Nublo (höchster Punkt <1700m> des Laufes) zu erklimmen. Wir hatten Glück, der Nebel lichtete sich und gab eine super Aussicht frei. Die armen Ausflügler wussten gar nicht wie ihnen geschah, als sie von uns Läufern umringt wurden. Mustergültig machten sie auf den engen Wegen für uns Platz.

Den 2. VP erreichten wir nach 22 km in 3:50h. Renate, die dort an der cutoff – Zeit schrammte und der es schlechter ging, entschied sich auszusteigen. Bergab hatte ich dann bei den wechselnden Untergründen zu viel Angst. Wo die Meisten wie die Gämsen runterhüpften, bremste ich mit den Stöckern ab. Mehrmals bot ich den Beiden an loszuziehen und Ihr Tempo zulaufen aber jedes Mal lehnten sie dies strikt ab. Ich bemühte mich, wenn immer der Untergrund es für mich hergab, zu laufen. Dann wurde ich einmal zu wagemutig und prompt viel ich im wahrsten Sinne des Wortes auf die Schnauze. Fallen hatte ich vorher nicht trainiert, sonst hätte ich gewusst, dass man als erstes schnell die Stöcker loswerden muss, damit die Hände zum Abfedern frei sind. Ein Brite, der hinter mir lief, hielt an und erkundigte sich, ob alles okay sei. Mein Englisch gab es nicht her, einen Witz über „eine dicke Lippe riskieren“ zu reißen und so stand ich schnell auf und bedankte mich bei ihm.
Als Entschädigung bot sich eine berauschende Landschaft; Natur pur.

Der 3. VP in Tunte, den wir nach 32 km in 6:50h erreichten, empfing uns mit wärmender Sonne.

Auf dem Weg zum 4. VP erreichten wir eine Marathondurchgangszeit von 8:30h. Schon von weitem konnte man im Tal den Stausee sehen, an dem der VP in Ayagaures (46 km 9:38h) lag. Hier war kein Windzug zu spüren und die Sonne schien immer noch. Trotzdem kam von Micha die Anweisung, die Stirnlampe aufzusetzen.
Wie weise, ein paar Biegungen später verschwand die Sonne hinter den Bergen und es wurde schnell dunkel. Nun erreichten wir eine Passage, die Micha und Jan „den Steingarten“ nannten. Wahrscheinlich, weil aus dem Boden kindskopfgroße Steine „wuchsen“. Die ca. 10 km ebene Strecke mit kurzen kräftigen Anstiegen bin ich nur gewandert, da neben den großen Klamotten auch die
3. Dimension meines Sehfeldes im Stirnlampenschein wegfiel. Am letzten VP, 4 km vor dem Ziel, hielten wir nur kurz zum Einscannen unserer Nummern an. Einen Teil der letzten Km liefen wir im riesigen, trockenen Flussbett des Barranco, der eine halbe Woche später knöcheltiefes Wasser führte.
Als wir auf die Zielgerade einbogen jubelten uns lautstark Renate, Manu, Marina und Mara zu.
Mara begleitete uns auf Papas Schultern die Zielrampe hoch. Der Stadionsprecher führte ein Kurzinterview in deutscher Sprache mit uns.

Trotz 13:17h und einem Schnitt von 12:30 war ich glücklich im Ziel und habe nach Brauch meiner beiden Couches mit ihnen eine Dose Bier gezischt (glaube die Beiden hatten mehr als Eine).
Da es nun schon kurz vor Mitternacht war, fuhren unsere Frauen mit der kleinen Mara mit dem Taxi zur Bungalowanlage, während wir die 3km zurück spazierten.

Ronny
Im Feb. 2018

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